RETOUR - BLICK

Familiengeschichten sind Geschichte

Ausgewandert im 19. Jahrhundert

 

Unser Projekt: Auf den Spuren der Vorfahren – Wanderung von Hessen nach Lodz

Die Idee zu diesem Projekt trage ich schon lange mit mir herum, es war mir allerdings immer eine Nummer zu groß. Bei einer schönen Wanderung mit einem Arbeitskollegen erzählte ich davon und er war gleich Feuer und Flamme (danke Alfons).

Er hatte mich angesteckt, so dass ich anfing zu recherchieren:

Die Entfernung von Marburg nach Lodz beträgt etwa 1000km, bei einer Tagesleistung von 20km pro Tag würden etwa 50 Wandertage gebraucht. Diese Tagesleistung habe ich nach meinen persönlichen Erfahrungen angesetzt, die Auswanderer hatten da sicherlich anderes zu leisten! Sie waren vermutlich in einer größeren Gruppen mit Pferd und Wagen, vielleicht sogar mit Vieh unterwegs. Weil ich damals noch berufstätig war, konnte eine solche Tour nicht in einem Stück, also über 50 Tage, gegangen werden. Es sollte also eine Etappen-Wanderung werden!

Die nächste Frage war, welchen Weg nehmen? Damit unsere Tour möglichst authentisch werden würde, haben ich nach alten Ost-West-Handelswegen gesucht (auch für sich ein sehr interessantes Thema). Gefunden habe ich zunächst: "Durch die kurzen Hessen" und "Durch die langen Hessen", das waren Straßen, die schon im Mittelalter für die Reise von Frankfurt am Main über Eisenach nach Leipzig führten. "Durch die langen Hessen" mussten die schwer beladenen Fuhrwerke den längeren aber flacheren Weg nehmen. Der Weg "Durch die kurzen Hessen" verlief über die Orte Frankfurt – Friedberg – Grünberg – Alsfeld – Hersfeld – Eisenach. Bei meinen Recherchen habe ich dann den "Lutherweg 1521" entdeckt. Hervorragend ausgesucht, erschlossen und beschildert führt er genau über den Weg, den meine Vorfahren bei der Auswanderung genommen haben. Es handelt sich um den Weg, den Martin Luther im Jahre 1521 von der Wartburg zum Reichstag nach Worms und wieder zurück gegangen ist.

Auch die "Via Regia" oder "Hohe Straße" als alte Handels- und Militär- und Pilgerstraße war eine Möglichkeit. Sie führt - in dem für mich wesentlichen Teilbereich - von Frankfurt am Main über Leipzig bis weiter östlich ins heutige Polen. Die Via Regia ist heute als "Kulturweg des Europarats" anerkannt und erschlossen. Insbesondere meine geplante Route in Polen, sollte über diesen Weg gehen.

Die ersten Etappen waren ein voller Erfolg in jeder Hinsicht: Der "Lutherweg 1521" führte uns auf den schönsten Wegen durch unsere "hessische Heimat"! Die Einteilung der Etappen haben wir an unsere Möglichkeiten angepasst und einen zusätzlichen Schlenker eingefügt, damit auch alle Herkunftsort der hessischen Auswanderer an der Strecke lagen:

1. Etappe von Utphe nach Grünberg, aus Uthphe kam die Familie Kircher

2. Etappe von Grünberg nach Ober-Ohmen

3. Etappe von Ober-Ohmen nach Ober-Breidenbach

4. Etappe von Ober-Breidenbach nach Angenrod, aus Angenrod kam die Familie Gerbig

Start 1. Etappe am Friedhof in Utphe
Start 1. Etappe am Friedhof in Utphe,
Foto: © F. Wagner

Markierung des 'Lutherwegs 1521'
Markierung des 'Lutherwegs 1521',
Foto: © F. Wagner

Weg im Schatten
Weg im Schatten,
Foto: © F. Wagner

Landschaft
Landschaft,
Foto: © F. Wagner

Für den Herbst 2022 war die 4. Etappe und vier weitere Wanderungen an aufeinander folgenden Tagen geplant, die Routen bereits festgelegt und eine Unterkunft in Alsfeld gebucht. Aber bereits am ersten Tag, auf der Etappe von Ober-Breidenbach nach Angenrod, bekam ich wieder Probleme mit meinem Fersensporn. Bis nach Angenrod haben wir es noch mit Ach und Krach geschafft, aber im Laufe des Abends wurde es so schlimm, dass an ein Weitergehen nicht zu denken war.

Im August 2024 konnten wir unser Projekt der Wanderung von Hessen nach Lodz fortsetzen. Der direkte Anschluss hätte in Alsfeld in Hessen erfolgen sollen, aber die Entfernung war uns zu groß. Wir haben uns entschieden von Weimar nach Naumburg zu wandern. Dabei gingen wir teilweise auf dem Lutherweg und damit dem mutmaßlichen Weg der Auswanderer.

Unterwegs kamen wir auch durch Wichmar. Aus diesem Ort stammt mein Zweig der Familie Schlönvogt, der hier etwa im Jahre 1795 geborene Strumpfweber Johann Friedrich 2. Schlönvogt wanderte mit Frau und Kindern nach Polen aus.

Der hübsche, direkt an der Saale gelegene Ort bereitete sich gerade auf die Feier zur "900 Jahre Ersterwähnung" vor. Eine Schautafel zur Geschichte und ein Gedenkstein wurden nahe der Kirche erstellt bzw. erneuert.

Wichmar feiert 900 Jahre Ersterwähnung
Wichmar feiert 900 Jahre Ersterwähnung, Foto: © F. Wagner

am Ortseingang zu Wichmar
Ortseingang,
Foto: © F. Wagner

der frisch gesetzte, erneuerte Gedenkstein
Gedenkstein,
Foto: © F. Wagner

retour Blick auf Wichmar
retour Blick,
Foto: © F. Wagner

Den Namen Schlönvogt haben wir auf dem Friedhof von Wichmar nicht mehr gefunden. Aber auf einer Bank vor der schönen, alten Kirche haben wir über die Wurzeln dieses Zweiges meiner Familie nachgedacht: Lebten sie hier für eine längere Zeit? Woher kamen sie ursprünglich?

Vielleicht können uns die Kirchenbücher (via Archion) dazu Informationen liefern.

 

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